Niki Sjölund

Niki Sjölund ist eigentlich nicht in einer Familie aufgewachsen, die ein übertriebenes Interesse an essbaren Pflanzen aus der freien Natur hatte, jedenfalls nicht in der Weise, in der er sich heute damit ernährt.

Zusammen mit anderen Familien lebte er in der kleinen Ortschaft Åsele in Södra Lappland, einer historischen Provinz Schwedens. Die Jagd auf Wildtiere und Fisch hatte es schon immer gegeben. Aber jetzt war jemand da draußen unterwegs und sammelte Himbeeren und Moltebeeren mit seiner Mama, und natürlich erst einmal da, wo sie ihr Auto parken konnten. Denn seine Mama hat absolut keine Lust, auf einen Elch oder Bären zu treffen. Heute wohnt Niki in Stockholm und lebt vom Sammeln von Wildpflanzen, und liefert diese Delikatessen aus den Wäldern in einige der angesehensten Restaurants des Nordens. Außerdem nimmt er Aufträge von Unternehmen und Privatpersonen für Naturerlebnis-Wanderungen für Gruppen an, zum Beispiel für Pilz- und Planzenkurse, die mit der Zubereitung eines Essens im Freien enden.

Nach der Teilnahme an einem Kurs für das Hotel- und Restaurantwesen am Gymnasium in Vilhelmina (für den er an jedem Kurstag 22 km nach Vilhelmina pendeln musste), zog Niki hinunter nach Stockholm und arbeitete dort als Koch in verschiedenen Restaurants. So kam er unter anderem an das legendäre „Ekstedt“ und das ebenso berühmte „Gro Restaurang“.

„Als ich einige Jahre in Stockholm gelebt hatte, spürte ich immer mehr, wie sehr die Natur mir fehlte. Und so entwickelte ich mein Interesse für das, was rund um die Stadt wildwachsend zu finden war und überlegte, wie ich diese Zutaten zum Kochen verwenden könnte“, berichtet Niki.

 

Das stellte sich schnell als gutes Timing heraus. Bereits im Jahr 2004 schrieben nämlich 12 Köche aus dem Norden ihr Manifest für eine „Neue Nordische Küche“. Und das war erst der Startschuss für den Hype, den in diesem Jahr alles erfahren sollte, was aus Skandinavien stammte, und zwar sowohl in Schweden selbst wie auch auf der ganzen Welt. Das Restaurant „noma“ in Kopenhagen zum Beispiel machte es zu seiner Spezialität - und wurde daraufhin lange in der Rangliste als bestes Restaurant der Welt geführt - nur Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung zu verwenden, die an dieser Stelle auch gesammelt worden waren. Heute ist die Spitze breiter aufgestellt, und in vielen Restaurants in der Welt werden lokale Kräuter, Beeren und Pflanzen verwendet. Und das ist genau das, was der Wildpflanzensammler Niki Sjölund seit 2016 liefert, seit er den Schritt zum „Wildpflanzensammler in Vollzeit“ gemacht hat, und das auch noch gleich für etwa 20 Restaurants in den nordischen Ländern, unter denen sich viele Sterne-Restaurants befinden.

„In der „Neuen Nordischen Küche“ dreht sich vieles um die Rohzutaten des hohen Nordens, und auch darum, in welcher engen Beziehung wir zu den Menschen stehen, die das Gemüse für uns anbauen, oder die Tiere aufziehen. Eine große Rolle spielt dabei auch, was wild in der Natur wächst, und zwar ganz direkt rund um das Restaurant herum. Auf diese Weise soll dem Gast gleichsam der „Geschmack“ eines bestimmten Ortes geboten werden.

„Es ist sehr wichtig, dass die Köche Respekt vor den Rohzutaten gelernt haben, die man rundherum findet, und diese als wichtig und von großem Wert für das Ganze ansehen.“

 

Niki fühlt sich im Wald ganz zu Hause, auch wenn seine Mutter etwas Angst vor den Wildtieren hatte. In Stockholm sieht man eine Auszeit im Wald als ein effektives Mittel an, um sich vom Stress der Großstadt zu erholen. Der Wald ist dadurch zu einem sehr interessanten Ort der Begegnung geworden.

„Der Wald ist der perfekte Platz, um Zeit mit anderen zu verbringen“, findet Niki. „Ich komme hier wirklich am Punkt Null an und sehe die Menschen hier draußen in der Natur als gleichwertiger an.

 

Obwohl der Begriff des „Wildpfanzensammlers“ zumindest in dieser Zuspitzung ein relativ neuer Begriff ist, ist die Tätigkeit selbst doch etwas, dem der Homo sapiens schon seit den ersten Tagen nachgeht. Die Gemeinschaften der Jäger und Sammler konnten rund um die Uhr alles einsammeln, was die Natur ihnen bot. Und es hat sich ja gezeigt, dass diese Kost das Allerbeste für unsere Gesundheit ist: eine variantenreiche Kost aus natürlichen Rohstoffen. Auch aus Sicht des Umweltschutzes bietet sich ein Gewinn für die Gesellschaft, wenn sich die Menschen von essbaren Pflanzen in ihrer Umgebung ernähren. Man kann von einer hervorragenden Steigerung der Lebensqualität durch das Sammeln von Wildpflanzen in mehreren Stufen sprechen, sowohl für persönliche Wohlbefinden als den Umweltaspekt. Es ist allein schon aus Sicht der Ernährung sinnvoll. Zudem fühlen Menschen sich wohl, wenn sie sich in einer mehr oder weniger wilden Umgebung bewegen können. Darüber hinaus ist es sehr umweltfreundlich, so dass man sich kaum etwas Besseres vorstellen kann. Es gibt auch relativ umfassende Untersuchungen hierzu, die fast immer darin übereinstimmen, dass der Aufenthalt im Wald und Natur gut für den Allgemeinzustand der Menschen ist. Wenn man sich also für das Wildpfanzensammeln entscheidet, schlägt man damit sozusagen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Denn die Lebensmittel, die Sie im Wald sammeln können, stecken nicht selten voll nützlicher Inhaltsstoffe. Vitamin A, B1, B2, B3, B6 und B9, Vitamin C, D, E und K und verschiedene Antioxidantien; Phosphor, Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Natrium, Zink und Ballaststoffe sind nur ein kleiner Teil der Nährstoffe, die bereits eine einfache Blaubeere enthält.

 

 

Was treibt Dich an, Niki?

„Ich liebe es, das Wissen über mein Tun weiterzugeben. Das haben schon viele vor mir gemacht, die über die Jahre auf das Sammeln von Wildpflanzen gekommen sind. Von Generation zu Generation wurde dieses Wissen weitergegeben. In den letzten 30 bis 40 Jahren ist das umfangreiche Wissen darüber aber leider deutlich weniger weitergegeben worden. Ein Wissen, das meiner Meinung nach Gold wert ist.“

Anhang

Nik Sjölund ist das ganze Jahr über als Wildpflanzensammler unterwegs

Frühling

"Ich liebe es, die ersten grünen, chlorophyllhaltigen Pflanzen zu sammeln, die im Frühling durchbrechen, wie zum Beispiel die Brennnesseln, die erstens eine wunderbare Rohzutat bilden, die unglaublich gut verarbeitet werden kann, und dazu auch noch sehr nährstoffreich sind."

Sommer

„Wenn es dann weiter in den Sommer hineingeht, liebe ich es, Blumen zu pflücken, besonders die weißen Meerrettichblumen wegen ihrer leicht pfeffrig schmeckenden Wurzeln.“

Herbst

„Im Herbst fällt mir die Auswahl noch schwerer als in den anderen Jahreszeiten. Aber wenn ich mich entscheiden muss, ist es eindeutig der Flockenstielige Hexen-Röhrling. Ein sehr intensiv schmeckender Pilz, mit viel Geschmack und Charakter.“

Winter

"Auch im Winter gibt es einige schöne Pilze, die aber nur in den milderen Perioden auftauchen. Ansonsten sind es die verschiedenen Flechten, nach denen ich Ausschau halte, wie etwa die Alpen-Rentierflechte."

Faktencheck

Name: Niki Sjölund

Geboren in: Umeå

Aufgewachsen in: Åsele, Södra Lappland (Historische Provinz Lappland)

Wohnt in: Stockholm

Familie: Lebensgefährtin und zwei Kinder

Anstellung als: Wildpflanzensammler und Koch

Wenn er nicht zum Sammeln von Wildpflanzen geht: „Mit der Familie abhängen“

Liebstes Kleidungsstück: Sportmütze

Lieblingsschuhe: Jaure II Ms Light High von Lundhags

Verlässt das Haus nie ohne: Messer

Homepage: www.neonatur.se

 

Buch

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, was Sie sammeln und essen können, finden Sie mehr dazu in Niki Sjölunds überzeugendem Buch „Wild gepflückt: Essbare Kräuter, Blätter, Blumen, Beeren und Pilze aus der schwedischen Natur“ (Natur Kultur 2017).